Bioaktive Keramikfassade
Sapphire Berlin
Medicke stellte am 30.11.2016 die Fassade am Sapphire-Wohn- und Geschäftshaus von Architekt Daniel Libeskind in Berlin fertig. Bei der Keramikfassade wurde vielfach bauliches Neuland betreten. Mitten in Berlin, in der Chausseestraße nahe dem Kurfürstendamm, ragt das Sapphire als blau bis silbern schimmernden Kristall aus der Straßenflucht heraus. Die markante Spitze an der Gebäudeecke im Penthouse-Geschoss wirkt beim Betrachter, als wolle sie den Kristall weiter in den Himmel wachsen lassen.
In der aufsehenerregenden, unregelmäßig geformten Gebäudekubatur nach dem genialen Entwurf von Daniel Libeskind, New York steckt ein fassadentechnisches Meisterwerk: eine hinterlüftete Vorhangfassade mit bioaktiven und selbstreinigenden Keramikplatten. Die Fassade für das Sapphire war in mehrfacher Hinsicht ein komplexes Projekt: bezüglich des bio-keramischen Werkstoffes der Fassadenverkleidung, der tragenden Unterkonstruktion und der anspruchsvollen architektonischen Gestaltung. Dabei wurden neue konstruktive Wege beschritten und viele neue Montagelösungen für die Zukunft generiert.
Bioaktive, selbstreinigende Keramikplatten
Die Keramikplatten im Format 600 mm x 1200 mm sind 9 bis 12 mm dick. Hergestellt wurden sie in Italien bei der Firma Casalgrande. Ein originelles geometrisches Design mit Flachrelief erzeugt eine dynamische Optik mit dreidimensionaler Wirkung. Im Licht entstehen und verschwinden so zahlreiche Lichtreflexe, die die Fassadenflächen je nach Strahlungswinkel und –intensität changieren lassen und mit dem Betrachter spielen. Dieser Effekt wird durch eine Metallic-Lasur, die Titanium-Oxid enthält, verstärkt. Dank der innovativen Technologie des Bios Self-Cleaning aktiviert die Keramik bei Sonnenlicht einen Prozess, der Schadstoffe in der umgebenden Luft beseitigt. Zugleich wird der Oberflächenschmutz abgebaut und durch Regenwasser entfernt.
Konstruktion: Vorteile bei Wärmedämmung und Feuchteabfuhr
Aufgrund des vorgehangenen, hinterlüfteten Bekleidungsmaterials aus Keramik sind der Witterungsschutz, der Schutz der Wärmedämmung und die Feuchteabfuhr bei der Diffusion von innen nach außen allen anderen opaken Fassadenkonstruktionen weit voraus. Medicke übernahm die detaillierte Werkplanung. Im Anschluss daran fertigte und montierte das Medicke-Team die komplette Außenhülle mit einer technisch sehr aufwändigen Konstruktion.
Die besondere Herausforderung für die Planung und den Bau der Fassade lag in der Umsetzung des Architektenentwurfs von Daniel Libeskind begründet. Nur mit modernster 3D-Planung war die Sapphire-Fassade in dieser anspruchsvollen Qualität realisierbar. Das Planungsteam folgte dem Ansatz, im 3D-Modell komplett nach Theorie zu fertigen und über Aufmaßvergleiche permanent zu kontrollieren.
Neue Lösungen für die Montage: Unterkonstruktion, Zuschnitt und Befestigung
Um die Werk- und Montageplanung zu strukturieren, wurden die Keramik-Außenfassadenflächen in 18 Einzelteilflächen unterteilt. Die Neigung der Teilflächen variiert von 3 Grad nach außen bis 6 Grad nach innen. Alle Teilflächen stoßen immer mit einer Grad- oder Kehllinie aufeinander. Für das Einmessen der Unterkonstruktion aus Aluminium mussten vorab Hilfsunterkonstruktionen montiert werden. Unter Beachtung der notwendigen Zuschnitte wurden 3.600 Keramiktafeln geordert.
Das Zuschneiden der vielen Sonderformate nach Planmaß und das Bohren für die Hinterschnittanker erfolgten beim Hersteller in Italien. Um die Fassadenfläche zu belegen, wurden 1.500 qm benötigt. Auf Grund der geometrisch bedingten Sonderplattenformate musste in der Werk- und Montageplanung entschieden werden, welche „Splitterstücke“ in Breite und Länge noch mechanisch zu befestigen sind. Hierzu wurden bei Medicke mehrere Werkstattversuche durchgeführt. Im Ergebnis der Schneid- und Bohrversuche an den Keramikplatten ergab sich ein praktisch umsetzbares Minimalmaß von ca. 30 mm x 30 mm. Geometrisch zu spitze Keramiksplitter wurden in Massivblechnachbildung gebaut.
Fugen und Abdichtung
Eine weitere Herausforderung war die offene Fugenbildung. Die Unterkonstruktion und ihre Lage wird von der Befestigung mittels der nicht sichtbaren Hinterschnitttechnik vorgegeben. Ein besonderes Augenmerk galt dabei den Keramikteilflächen, welche eine Neigung von ca. 6 Grad aus der Lotrechten zum Gebäude hin besitzen. In der hinterlüfteten Fassade erfüllt der äußere Bekleidungswerkstoff die schlagregendichten Aufgaben.
Ein geringfügiges Eintreiben von Regenwasser bei einer lotrechten Fassade ist zulässig. Ist die Fassade zum Gebäude geneigt, kommt es infolge der Schwerkraft bei ablaufendem Regen zu einem Wassereintritt über die offenen Fugen. Deshalb wurde eine wasserführende Unterspannbahn montiert. Entsprechend waren dazu die Anschlussdetails an die Fensterkonstruktionen, die Unterkonstruktion und die horizontalen Brandsperren zu entwickeln.